Selbstkontrolle und Mitverantwortung: Ein Fortschritt bei der Einbeziehung von Interessengruppen in Kontroll- und Inspektionsprozesse

Selbstkontrolle und Mitverantwortung sind eine Kontrollpolitik, die innerhalb der Generaldirektion Inspektion der FAAG eingeführt wurde. Diese Kontrollpolitik ist je nach Sektor auf die verschiedenen Interessengruppen zugeschnitten, mit einem gemeinsamen Ziel: diese Akteure stärker in die Verantwortung zu nehmen und in die Optimierung der Inspektionen und Kontrollen, die die FAAG durchführt, einzubeziehen.

Die Inspektionsdienste arbeiten an der Einführung dieser neuen Kontrollpolitik, die letztendlich alle von unserer Agentur kontrollierten Akteure betreffen wird.

Das erste System der Selbstkontrolle wurde im Bereich der Vertreiber von Medizinprodukten eingeführt. Später wurde diese Methodik angepasst und im Bereich der öffentlich zugänglichen Apotheken und in jüngster Zeit auch im Bereich der Hersteller von Arzneimitteln und Wirkstoffen eingesetzt. Parallel zu diesen Initiativen ist in Kürze die Einführung dieser Prinzipien für Arzneimittelhändler (GDP – Good Distribution Practices oder GVP – Gute Vertriebspraxis) und eine Machbarkeitsstudie für den Bereich der klinischen Studien (GCP – Good Clinical Practice oder GKP – Gute Klinische Praxis) geplant.

Digitalisierung als Instrument zum Informationsaustausch und zur Optimierung von Kontrollen

Die Digitalisierung spielt eine zentrale Rolle beim Austausch von Informationen und bei der Vereinfachung der Verwaltung. Die Entwicklung eines eigenen Webportals für jeden Sektor optimiert den Inspektionsprozess und dessen Nachbereitung. Die Sammlung und Analyse relevanter Daten, die mit den Inspektionsdiensten ausgetauscht werden, sowie die Übermittlung von Inspektionsberichten und CAPA-Plänen (Pläne für Korrektur- und Präventivmaßnahmen) werden unter anderem automatisiert. Auf diese Weise wird das entwickelte Computersystem zu einem Hilfsmittel für die Optimierung der Planung und Durchführung von Inspektionen. Diese sicheren Plattformen bieten den Akteuren auch einen zentralen Zugang zu allen Dokumenten, die mit den Inspektionsdiensten ausgetauscht wurden, und vereinfachen so ihre Interaktion mit der zuständigen Behörde.

Die digitale Transformation ist nicht mehr nur ein Trend, sondern eine unumgängliche Realität in allen Aktivitätsbereichen, auch in den Behörden des öffentlichen Gesundheitswesens. In diesem Zusammenhang tauchen Selbstkontrolle und Mitverantwortung als ein wesentliches Konzept auf.

Für Apotheker in öffentlich zugänglichen Apotheken: Selbstkontrolle

„Bei Apotheken, die der Öffentlichkeit zugänglich sind, liegt der Schwerpunkt auf der Selbstkontrolle. Das Jahr 2023 markierte den Abschluss des Projekts Selbstkontrolle der Apotheken, das in enger Zusammenarbeit zwischen der Abteilung IT, der Smals, der Abteilung Arzneimittelabgabe und der Rechtsabteilung durchgeführt wurde“, erklärte Alain Denis.

Dieses Projekt führte zur Veröffentlichung eines Königlichen Erlasses, der im September 2023 erschien und verschiedene Teile umfasst.

Erstens die Bestätigung der Verpflichtung zur Durchführung einer Selbstbewertung durch die Apotheker selbst.
Apotheker müssen jährlich eine Selbstbewertung durchführen, die sich auf die Einhaltung der guten pharmazeutischen Praxis in Apotheken bezieht. Anhand der Schlussfolgerungen dieser Selbstbewertung können sie Verbesserungsmöglichkeiten identifizieren und einen Aktionsplan zur weiteren Steigerung der Qualität in ihrer Apotheke aufstellen.

Zweitens die Verpflichtung für jede Apotheke, sich alle vier Jahre einer externen Prüfung zu unterziehen.
Die Agentur greift nicht in die Durchführung dieses Audits ein, das weder eine Kontrolle noch eine Inspektion ersetzt. Sie wird von Prüfern durchgeführt, die verschiedene Kriterien erfüllen, die in dem Erlass aufgeführt sind. Dies ist Teil eines Coaching-Ansatzes und ermöglicht es, den Apotheker bei der Identifizierung und Umsetzung von Verbesserungspunkten zu begleiten.

Drittens müssen Apotheker nun ein Formular ausfüllen, das auf dem Webportal der FAAG zur Verfügung gestellt wird und sich auf die Aktivitäten und die Struktur der Apotheke bezieht. Die über dieses Formular gesammelten Informationen werden zusammen mit anderen relevanten Daten über jede Apotheke in ein von der Agentur entwickeltes Risikoanalyse-Tool aufgenommen. So wird ein Risikoprofil der Apotheken erstellt, an dem sich die Inspektionen orientieren können, wodurch die durchzuführenden Kontrollen rationalisiert und effizienter gestaltet werden können.

Die Abteilung Arzneimittelabgabe war besonders stark an diesem Projekt beteiligt. Neben Alain Denis arbeiteten auch drei seiner Kollegen aktiv daran mit. „Dieses Projekt ist ein gutes Beispiel für bereichsübergreifendes Arbeiten. Seine Einrichtung erforderte die Beteiligung der Inspektionsdienste, aber auch der IT-Abteilung, die das Modul für das Webportal entwickelte, und auch der Rechtsabteilung für die Abfassung des Königlichen Erlasses.“

Alain Denis – Margriet Gabriels – Alain Bya

Mitverantwortung im Bereich der guten Herstellungspraxis

Die Gute Herstellungspraxis (GHP oder allgemein GMP für Good Manufacturing Practices) beinhaltet die Grundsätze und Richtlinien, die bei der Herstellung von Human- und Tierarzneimitteln eingehalten werden müssen. Dieser Bereich umfasst zahlreiche Akteure, darunter die Hersteller von Wirkstoffen, Produktionszwischenprodukten und Endprodukten (Arzneimitteln), die Lieferanten von Rohstoffen, die in Apotheken verwendet werden, und die Auftragshersteller von magistralen Zubereitungen. Die Umsetzung des Projekts zur Mitverantwortung im GMP-Bereich führte 2023 zur Entwicklung eines Webportals für Hersteller von Arzneimitteln und Wirkstoffen. Die Entwicklung dieses Tools erfolgte in enger Zusammenarbeit mit der IT-Abteilung und der SMALS. Darüber hinaus wurden die implementierten Funktionen unter Einbeziehung der Interessengruppen der Branche getestet. Außerdem wurde ein integriertes Handbuch verfasst, um den Zugang und die Nutzung dieses neuen Instruments für die verschiedenen beteiligten Akteure zu erleichtern.

Seit Ende 2023 wird das Tool bei der Durchführung von routinemäßigen Inspektionen von Produktionsstätten eingesetzt. Das Portal bindet die Beteiligten in den gesamten Inspektionsprozess ein: von der Planung über die Übermittlung von Daten, die der Vorbereitung dienen, die Berichterstattung, die Überprüfung von CAPA-Plänen bis hin zum Abschluss einer Inspektion.
Außerdem ermöglicht es die Sammlung relevanter Informationen im Rahmen von Risikoanalysen. Auf diese Weise wird das entwickelte IT-Tool zur Optimierung der Planung von Inspektionen und deren Durchführung eingesetzt.

In Bezug auf GMP wird sich das Projekt weiterentwickeln. Weitere Funktionen werden in das Tool implementiert, wie z. B. die Integration von Untersuchungen und Inspektionen, die im Rahmen eines Antrags auf Herstellungserlaubnis durchgeführt werden, aber auch administrative Nachverfolgungen wie die Ausstellung von GMP-Zertifikaten usw.

Karin Froidbise, Leiterin der Abteilung Industrie, meint: „Dieses Tool verbessert den Kontrollprozess und bietet den Beteiligten gleichzeitig eine intuitive Benutzeroberfläche. Diese enorme Arbeit zur Dematerialisierung des Inspektionsmechanismus kann als Grundlage für andere Sektoren dienen.“

Prozessoptimierung für alle

Die Vorteile sind zahlreich: Optimierung von Prozessen, Verbesserung der Datenqualität und -verarbeitung sowie die Konsolidierung verschiedener Informationen in einer einzigen Schnittstelle. Darüber hinaus sind die Formulare für Kontrollen und Inspektionen für die inspizierten Parteien zugänglich, der Zugang ist sicher und die Verwendung wird vereinfacht und zwischen den verschiedenen Sektoren vereinheitlicht.

Die Rückmeldungen der Beteiligten sind positiv. Stefanie Scheerlinck von der Abteilung Industrie: „Wir haben keine negativen Rückmeldungen über die Einführung dieses Systems erhalten. Die Beteiligten fordern eine Zentralisierung der von ihnen übermittelten Informationen. Der Nutzeraspekt wurde berücksichtigt und die Anpassung war einfach.“

Nicolas Mortier von der Abteilung Industrie betont: „Es war von entscheidender Bedeutung, dass wir es schafften, unsere gesamten Inspektionsprozesse in ein Computersystem zu übersetzen. Die Arbeit mit der IT-Abteilung erwies sich als überaus wichtig. Diese Digitalisierung ermöglicht uns einen einfacheren Datenaustausch mit den Beteiligten, aber auch eine effizientere Verwaltung.“

Stefanie Scheerlinck – Ethel Mertens – Karin Froidbise – Nicolas Mortier

Unsere FAMHP-Expertinnen und -Experten

Alain Denis ist Inspektor in der Zelle Öffentlich zugängliche Apotheken der Abteilung Arzneimittelabgabe in der GD Inspektion. Diese Abteilung kontrolliert öffentlich zugängliche Apotheken, Krankenhausapotheken und Veterinärdepots.
Karin Froidbise ist Leiterin der Abteilung Industrie innerhalb der GD Inspektion. Sie ist verantwortlich für die Projekte zur Selbstkontrolle und Mitverantwortung in den Bereichen GMP und BPC.
Nicolas Mortier und Stefanie Scheerlinck sind Inspektoren in der GM(D)P-Zelle der Abteilung Industrie. Beide sind an dem Projekt Mitverantwortung GMP beteiligt.