Xavier De Cuyper: Rückblick auf seine Jahre bei der FAAG

Xavier De Cuyper leitete die FAAG seit dem 1. Mai 2007 und war der erste Generalverwalter der Agentur seit ihrer Gründung. Im Jahr 2022 erreichte er die Altersgrenze für die Ausübung eines Mandats in der Föderalverwaltung, seine Amtszeit wurde jedoch verlängert, um bis zur Ernennung eines Nachfolgers die Kontinuität des ordnungsgemäßen Funktionierens der FAAG zu gewährleisten. Am 1. September 2023 ging er schließlich in den Ruhestand. Seine lange Präsenz im Management der Agentur hat die Geschichte unserer Organisation gewiss geprägt. Sein Ausscheiden gibt uns die Gelegenheit, ihm einige Fragen über die vergangene Zeit zu stellen.

Ein Blick auf Ihre Karriere vor der Gründung der FAAG

„Im Laufe meiner Karriere hatte ich die Gelegenheit, verschiedene Schlüsselpositionen im belgischen öffentlichen Sektor zu bekleiden. Ich war Generalsekretär des Ministeriums des Mittelstands und der Landwirtschaft, geschäftsführender Verwalter der Föderalagentur für die Sicherheit der Nahrungsmittelkette, Generaldirektor der GD Tiere, Pflanzen und Nahrung des FÖD Volksgesundheit sowie Kabinettschef mehrerer Minister mit Zuständigkeit für die Landwirtschaft und zweier Vizepremierminister. All diese Erfahrungen haben, mit einem besseren Verständnis für unser System der öffentlichen Verwaltung, mein Verlangen verstärkt, in ganz unterschiedlichen Bereichen zu dienen.

Anfang der 2000er-Jahre habe ich mich dem öffentlichen Gesundheitswesen zugewandt und mit meinem Eintritt in die FAAG im Jahr 2007 habe ich die nationale Politik im Bereich Arzneimittel und Gesundheitsprodukte mitgestaltet.

Auf europäischer Ebene war ich Mitglied des Verwaltungsrats der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) und ich bin weiterhin Mitglied des Verwaltungsrats der französischen Nationalen Agentur für die Sicherheit von Arzneimitteln und Gesundheitsprodukten (ANSM). Außerdem spielte ich eine aktive Rolle im europäischen Netzwerk der Leiter der Arzneimittelagenturen (HMA). Ich wurde mit Europa geboren und war immer davon überzeugt, dass eine aktive Präsenz auf dieser Ebene nicht nur für die Wirtschaftsakteure, sondern auch für unsere Bürgerinnen und Bürger positiv ist.“

Wie haben Sie die sechzehn Jahre in der Agentur erlebt?

„Die Jahre sind unbemerkt an mir vorbeigegangen, weil es so viele Baustellen gab. Es gab die Bildung unserer Agentur, die 2006 vom Gesetzgeber beschlossen und von den jeweiligen Ministern im darauffolgenden Zeitraum unterstützt wurde. Insbesondere um die Erwartungen der zahlreichen Interessengruppen wie Patienten, Angehörige der Gesundheitsberufe, Akademiker, Industrie und alle Akteure, die mit dem Vertrieb von Arzneimitteln und Gesundheitsprodukten befasst sind, zu erfüllen. Einige werden sich beispielsweise noch an die Anfänge erinnern, als die Agentur unter den Anträgen auf Genehmigung für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln zusammenbrach, für die unser Minister eine Lösung innerhalb von zwei Jahren gefordert hatte. Dank des Fachwissens der betroffenen Abteilungen und unserer Bereitschaft zum Dialog wurden verschiedene Vorschläge erarbeitet und innerhalb der Fristen eine Lösung vorgeschlagen, wobei nebenbei der Begriff „Backlog“ innerhalb der Agentur verbannt wurde.

Dialog und Abstimmung waren zwei treibende Kräfte, sowohl auf der Ebene des internen Managements als auch bei der Verwaltung der Dienstleistungen, die die Agentur erbringen muss. Ein Erfolg, den es sich meiner Meinung nach lohnt hervorzuheben, betrifft die Bereitschaft, sich mit allen unseren Partnern in spezifischen Plattformen für jede Interessengruppe vorzustellen, auszutauschen und abzustimmen, angefangen bei den Patienten, die eine zentrale Stellung in der Organisation einnehmen.

Die Gründung der Agentur wurde natürlich dazu genutzt, alle Phasen des Lebenszyklus von Arzneimitteln und Produkten zu erfassen: nicht nur die Inspektion, sondern auch Forschung und Entwicklung, Überwachung, Sicherheit,…

Ein wichtiger strategischer Schwerpunkt war der Aufbau einer Organisation, die von unseren verschiedenen Zielgruppen als maßgebliche Autorität in den Bereichen Arzneimittel und Gesundheitsprodukte anerkannt wird.

Zur Erinnerung: In der Vergangenheit war die Agentur der Ärzteschaft nicht bekannt. Dank unserer Transparenz und des kontinuierlichen Informationsaustauschs, vor allem während der verschiedenen Krisen, und auf unseren informellen Plattformen, wo alles gesagt und diskutiert werden darf, hat sich dies stark verändert.

Außerdem bin ich davon überzeugt, dass die Covid-19-Gesundheitskrise den Bürgern die Arbeit der Agentur nähergebracht hat. Allerdings spricht man einen Arzt, einen Apotheker oder einen Industriellen anders an als einen Bürger, sodass man sich in dieser Hinsicht anpassen musste.“

Auf welche Fälle blicken Sie mit dem meisten Stolz zurück?

„Das ist eine schwierige Frage. Vor allem bin ich stolz darauf, dass wir unsere Ziele dank der Unterstützung unserer Minister, der Stakeholder und natürlich dank des Engagements und des Fachwissens der Mitglieder der Agentur erreicht haben.

Seit ihrer Gründung ist die Agentur von 200 Mitarbeitern auf derzeit über 500 gewachsen. Das ist ein beträchtliches Wachstum, das aus einem völlig gerechtfertigten Bedarf resultiert und durch einen besonderen Finanzierungsmechanismus ermöglicht wurde. Der Mechanismus der öffentlich-privaten Kofinanzierung der Agentur ist in Belgien, zumindest in seinem Umfang, ziemlich einzigartig und sehr innovativ. Dieses Finanzierungssystem hat uns bei seiner Entwicklung zwar viel Energie gekostet, aber es ermöglicht nun dort, wo es ein gemeinsames Interesse gibt, die Entwicklung neuer Projekte. Dies ist für eine Verwaltung, die ein klassisches Finanzierungsmodell hat, viel komplexer. Dieses Finanzierungssystem ist eine Chance, zum Nutzen aller, wobei natürlich darauf geachtet werden muss, dass Interessenkonflikte vermieden werden.

Eine Aufzählung der bedeutenden Verbesserungen würde den zeitlichen Rahmen hier sprengen. Ich möchte jedoch unbedingt auf die Fortschritte bei der Bereitstellung von Informationen dank unserer neuen Datenbank hinweisen, in der alle Informationen über Arzneimittel zentral gespeichert sind: Packungsbeilage ZMA, RMA-Dokumente (Risk Minimisation Activities), DHPC (Dear Healthcare Professional Communication) … und dank PharmaStatus kann jeder wissen, ob ein Arzneimittel verfügbar ist. Es hat also große Schritte nach vorn gegeben. Ich bin am glücklichsten, wenn ein Bürger, der Informationen über Arzneimittel und Gesundheitsprodukte sucht, den Reflex hat, die Website der FAAG zu besuchen. Diese Bemühungen haben unseren Bekanntheitsgrad erhöht. Die Agentur hat zwar eine größere Sichtbarkeit erlangt, aber das Ziel ist noch nicht erreicht.

Ohne in die Details gehen zu wollen, möchte ich auch meine Zufriedenheit über meinen Beitrag zur Anerkennung der Agentur als europäischer Schlüsselakteur zum Ausdruck bringen. Dies hat die interne Expertise gestärkt, obwohl viele belgische Fachleute auch für Stellen z. B. bei der Europäischen Kommission oder der EMA umworben werden.

Ich bin übrigens davon überzeugt, dass unsere Agentur auch während des Vorsitzes im Rat der EU 2024 mit ihren Leistungen zufrieden sein können wird, da sie sich seit fast zwei Jahren hervorragend und ehrgeizig vorbereitet hat.“

Welche waren die kompliziertesten Fälle?

„Ich weiß nicht, ob es wirklich Fälle gibt, die komplizierter sind als andere. Ich würde von komplizierten Situationen oder sogar Krisen sprechen, welche die FAAG mit größter Professionalität bewältigt hat. Ich bin erfahrungsgemäß immer davon ausgegangen, dass Krisen Herausforderungen darstellen, die es zu bewältigen gilt, und die uns somit Chancen bieten. Jede Herausforderung hat ihre eigenen Merkmale, aber Koordination und Kommunikation sind von entscheidender Bedeutung. Ich werde die Krisen, die wir erlebt haben, nicht Revue passieren lassen, aber im Allgemeinen waren wir sehr aktiv, verfügbar, organisiert, transparent und offen für den Dialog mit allen relevanten Partnern. Die Covid-19-Krise hat mehr noch als andere Krisen gezeigt, dass wir in der Lage sind, Verantwortung zu übernehmen.

Erinnern wir uns daran, dass es zu Beginn der Krise große Schwierigkeiten bei der Versorgung mit bestimmten Produkten gab. Es herrschte weltweit ein wenig Panik. Zu Beginn der Pandemie erlebten wir einen Wettlauf um Impfstoffe zwischen den verschiedenen Ländern. Ich begrüße die Arbeit der Europäischen Kommission, die ein transparentes System geschaffen hat, das uns hilft, enorm viel Zeit und Energie einzusparen. Der Gruppenkauf war ein Erfolg. Die Europäische Kommission hat den entsprechenden Mechanismus übrigens in einer Struktur verankert, welche die jeweiligen Schritte zentralisieren wird. Es macht keinen Sinn, dass Länder einzeln mit Lieferanten verhandeln, insbesondere kleine Länder, die gegenüber großen Ländern benachteiligt sind.

Während der Pandemie war die Agentur für die Versorgung und Inspektion der Impfzentren zuständig. Unser Wunsch war es, unser Fachwissen denjenigen zur Verfügung zu stellen, die es brauchten. Gleich zu Beginn der Pandemie haben wir in der Agentur eine Taskforce eingerichtet, um jeglicher Knappheit entgegenzuwirken. Zu keinem Zeitpunkt haben wir die Krankenhäuser im Stich gelassen, die mit Nichtverfügbarkeiten konfrontiert waren, insbesondere hinsichtlich Kurare in der Intensivpflege. Wir hatten eine bemerkenswerte Zusammenarbeit mit den Universitätskliniken und mit den Verbänden der Krankenhausapotheker. Ich möchte jedoch hinzufügen, dass uns dies nie von unserer Mission abgehalten hat: die Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit der auf den Markt gebrachten Arzneimittel und Gesundheitsprodukte zu gewährleisten. Wir haben Pressemitteilungen über die Nebenwirkungen von Impfstoffen veröffentlicht. Eine pragmatische und transparente Initiative. So stellten wir mit Genugtuung fest, dass sowohl die Akteure vor Ort als auch die Bürgerinnen und Bürger enorm viele Nebenwirkungen meldeten. Dies ist besonders in Krisensituationen wichtig, in denen die Bewertungsverfahren beschleunigt werden, um neue Produkte wie Impfstoffe so schnell wie möglich verfügbar zu machen.

Die gesamte Agentur stand während der Gesundheitskrise unbestreitbar unter Druck. Die Mitarbeiter hatten enorm viel zu tun, und ich hebe den gigantischen persönlichen Einsatz hervor, den Dutzende von Mitarbeitern über Monate hinweg geleistet haben, um fachgerecht und effizient zur Bewältigung der Pandemie in unserem Land beizutragen. Ich kann daher verstehen, dass einige Personen später die Agentur verlassen haben, um diesem Druck nicht mehr ausgesetzt zu sein.

Letztendlich konnte ich die Effektivität der Mitarbeiter bei der Bewältigung dieser Krise und die Notwendigkeit einer vertieften Zusammenarbeit feststellen und bestätigen. Für diese außergewöhnliche Übernahme von Verantwortung sollte ihnen Respekt gezollt werden.“

Wie sieht Ihr Leben nach der FAAG aus?

„Ich wollte nicht den Eindruck erwecken, dass ich nicht loslassen kann. Ich hatte eine erfüllte Zeit und bin glücklich nach Hause gegangen, weil ich mich nun in erster Linie meiner Familie und meinen Freunden widmen kann, aber auch, weil ich Zeit habe für Interessen wie Reisen, und ich etwas beitragen kann, wo ich etwas bewirken kann.“

Möchten Sie ein Wort an Ihren Nachfolger, Hugues Malonne, richten?

„Hugues Malonne und ich haben mehrere Jahre in der Agentur zusammengearbeitet. Er kennt das Haus und das ist ein Vorteil, wenn es darum geht, die laufenden, vom Direktionsausschuss herangetragenen Ziele zu verfolgen, aber auch und vor allem, die neuen Herausforderungen der Agentur anzugehen. Ich denke dabei insbesondere an das große Problem der Nichtverfügbarkeit, sowie daran, dass häufig Lösungen gefunden werden müssen, wenn neue unbekannte Probleme auftreten. Ich bin überzeugt, dass er die Bereitschaft zum Dialog und zur Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern und externen Partnern beibehalten wird.

Ich wünsche ihm und allen ehemaligen Kollegen der Agentur noch einmal ‚Viel Glück und Erfolg bei allem, was sie unternehmen werden!“