Illegale Arzneimittel: die FAAG und die Bekämpfung der Arzneimittelkriminalität

Gefälschte Arzneimittel und andere illegale Arzneimittel sind ein wichtiges Phänomen, das auch in den letzten Jahren weiter stark zunimmt. Diese Problematik stellt nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen ein Risiko dar, sondern auch wegen der Gefahr für die Volksgesundheit. Außerdem hat der Verkauf illegaler Arzneimittel über das Internet in den letzten Jahren explosiv zugenommen, was die Bewältigung des Problems ungemein schwierig macht.

Bart Ceyssens von der Sonderermittlungsstelle äußert sich zu diesem Thema: „Es ist schwierig, das Ausmaß dieses Phänomens genau in Zahlen aufzuzeigen. Trotzdem merken wir, dass die Sonderermittlungsstelle der FAAG, die gegen illegale pharmazeutische Praxen vorgeht, in den letzten Jahren öfter an großen Untersuchungsakten arbeitet. Dies deutet also auf eine Ausweitung der Problematik hin. Während der Coronakrise wurde die Sonderermittlungsstelle mit einem neuen Phänomen konfrontiert: gefälschte Arzneimittel gegen COVID-19. Auch vorschriftswidrige Antibiotika sind in den letzten Jahren im Vormarsch. Bei Antibiotikakontrollen wendet die Sonderermittlungsstelle immer eine Nulltoleranz an. Antibiotikaresistenz ist nämlich ein akutes und ernstes Problem mit erheblichen Auswirkungen auf die Volksgesundheit.“

Gefälschte oder andere illegale Arzneimittel: was ist der Unterschied?

Gefälschte Arzneimittel sind eine perfekte Kopie der Originalversion, aber da sie ohne Genehmigung, also auf illegale Weise, in die Vertriebskette geraten, wissen wir nicht, wo oder wie sie hergestellt wurden.

Andere illegale Arzneimittel enthalten möglicherweise nicht den Wirkstoff des Arzneimittels, oder in der falschen Dosis, und die hinzugefügten Stoffe können schädlich oder sogar tödlich sein. Meistens geht es dabei um den Vertrieb von nicht zugelassenen Arzneimitteln, Arzneimitteln, die als Nahrungsergänzungsmittel angeboten werden, um den Missbrauch von Tierarzneimitteln, um Human- und Tierdoping und um Internetbetrug. Sowohl gefälschte als auch andere illegale Arzneimittel sind Teil der Arzneimittelkriminalität, sie verstoßen gegen das Arzneimittelgesetz und stellen eine potenzielle Gefahr für die Volksgesundheit dar.

Die Sonderermittlungsstelle in Aktion

Eine der Schwerpunkte bei der Bekämpfung der Arzneimittelkriminalität ist die optimale Zusammenarbeit zwischen der FAAG und anderen Akteuren wie Polizei, Zoll und Justiz, auf nationaler und europäischer Ebene und sogar weltweit. Die Inspektoren der Sonderermittlungsstelle nehmen jedes Jahr an verschiedenen internationalen Einsätzen im Kampf gegen illegale Arzneimittel und Gesundheitsprodukte teil.

Einige Zahlen aus 2022

  • 521 abgeschlossene Untersuchungsakten über illegale Arzneimittel
  • 22 Untersuchungen zu illegalen Gesundheitsprodukten
  • 186 Akten zur Unterstützung von Polizei und Staatsanwaltschaft
  • 2.138 blockierte Postpakete von außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums an einen belgischen Empfänger
Hans Van der Meersch

Hans Van der Meersch

„Im Jahr 2022 beteiligte sich die FAAG an der Operation Shield von Europol“, erklärt Hans Van der Meersch, „Sechs Monate lang haben unsere Inspektoren mit dem Zoll zusammengearbeitet, um Postpakete auf illegale Arzneimittel und Gesundheitsprodukte zu kontrollieren. Insgesamt wurden 145.054 illegale Produkte beschlagnahmt. Diese Aktion zeigt, dass nicht nur Drogen, sondern auch andere gefährliche Produkte ziemlich einfach bestellt und nach Hause geliefert werden können.

Außerdem wurden verschiedene Routineaktionen, die während der Coronakrise vorübergehend nicht durchgeführt werden konnten, wiederaufgenommen. Im Oktober 2022 wurden sieben Erotheken in Brüssel auf die Anwesenheit illegaler Arzneimittel kontrolliert. Bei der Kontrollaktion wurden mehr als 9.000 illegale Arzneimittel mit einem Schätzwert von 126.000 Euro beschlagnahmt.“

Nützt es nicht, so schadet es auch nicht

Wer kauft aber diese illegalen Arzneimittel? „Es handelt sich dabei oft um Personen mit einer Vorerkrankung, die von ihrem Arzt keine ärztliche Verschreibung für ein bestimmtes Arzneimittel erhalten“, erklärt Hans Van der Meersch, „diese Personen machen sich im illegalen Milieu auf die Suche nach Alternativen, die möglicherweise als pflanzlich angezeigt werden.“ Was sie nicht wissen, ist, dass diese Produkte Wirkstoffe wie Sildenafil oder Tadalafil enthalten. Das sind erektionsfördernde Stoffe, die für Personen mit Vorerkrankungen gefährlich sein können. Diese Stoffe werden auch oft nicht (wortwörtlich) auf der Verpackung erwähnt.
Illegale geneesmiddelen

Ein anderes Risiko beim Gebrauch illegaler Arzneimittel, ist eine Unter- oder Überdosierung. Drei Viertel der illegalen Arzneimittel enthalten tatsächlich eine falsche Dosierung. Es kann sich um kleine Abweichungen von zehn Prozent sondern auch um große Abweichungen bis zu vierzig Prozent handeln. Wenn der Benutzer eine zu hohe Dosis eines bestimmten Produkts einnimmt, kann dies zu gefährlichen Situationen führen. Es stellt sich ebenfalls heraus, dass fast alle illegalen Arzneimittel mit gefährlichen Bakterien und Pilzen kontaminiert sind, weil sie unter Bedingungen, die überhaupt keine Hygienestandards entsprechen, hergestellt werden. Illegale Arzneimittel sind also eine große Gefahr.

Außerdem sind manche illegale Produkte reine Quacksalberei. Sie werden als Allheilmittel dargestellt, manchmal sogar als DIE Lösung für schwere Krankheiten, obwohl sie in Wirklichkeit nicht diesen vermeintlichen therapeutischen Wert haben und Patienten von der Behandlung, die sie wirklich brauchen, abhalten können.

Lifestyle-Arzneimittel im Vormarsch

Bart Ceyssens zufolge sieht die Sonderermittlungsstelle einen klaren Trend: „Siebzig Prozent aller beschlagnahmten Arzneimittel sind Lifestyle-Arzneimittel. Es kann sich handeln um erektionsfördernde Mittel, sondern auch um Doping, Schlankheitsmittel, Schlafmittel, Antidepressiva und kognitive Stimulanzien wie Rilatin.“

Bart Ceyssens

Bart Ceyssens

Vor allem Schlankheitsprodukte sind in den letzten Jahren im Vormarsch. Sie enthalten fast immer Sibutramin, ein Mittel gegen Obesitas und Übergewicht, das in Europa aus Sicherheitsgründen verboten ist. Die Produkte werden in Form von Tee, Kaffee, Schokolade, Marmelade und Honig zum Abnehmen verkauft. Die Anwesenheit von Sibutramin oder ähnlichen Stoffen wird meistens nicht wortwörtlich auf der Verpackung erwähnt. Ohne es zu wissen, nimmt der Benutzer dieses Produkt ein. Diese Produkte enthalten auch keine Packungsbeilage oder Hinweise. Das Risiko einer Überdosierung ist also hoch.

Diese Phänomene zeigen, dass die Bekämpfung der Arzneimittelkriminalität eine spezifische, grenzüberschreitende Vorgehensweise erfordert. Aufgrund ihres komplexen Charakters hat die FAAG neben einer repressiven Aufgabe auch den wichtigen Auftrag, Patienten und die Öffentlichkeit für den sicheren und angemessenen Kauf und Gebrauch von Arzneimitteln zu sensibilisieren. Wenn man mit seiner Gesundheit spielt, ist es das alles denn wert?

Unsere FAAG-Experten

Bart Ceyssens und Hans Van der Meersch sind Inspektoren der Sonderermittlungsstelle der FAAG. Seit 2019 koordinieren Sie diese Stelle, die sich mit Arzneimitteln außerhalb der legalen Kette befasst. In Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft, der Polizei und dem Zoll führt die Sonderermittlungsstelle regelmäßig Kontrollen oder Ermittlungen durch. Auch auf internationaler Ebene nimmt die Stelle an jährlichen Aktionen und Sitzungen in Bezug auf illegale Arzneimittel teil.

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